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Geschichtsverein: „Zeitzeugen“ zu 160 Jahre Südbahn Klagenfurt–Villach

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160 Jahre mit der Bahn von Klagenfurt nach Villach

Geschichtsvereinsmitglied Andreas Kleewein fand Zeitzeugenberichte aus Velden: Vom melancholischen „Spezi“ über Kaiser und König, Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg bis hin zum letzten Bahnhofsvorstand.

Heuer vor 160 Jahren wurde die Südbahnstrecke von Klagenfurt nach Villach in Betrieb genommen. Dadurch kam es vor allem auch für die Ortschaft Velden zu einigen Veränderungen. Konkret erfolgte die Eröffnung des Streckenabschnitts am 30. Mai 1864. Der Veldener Archivar und Historiker Andreas Kleewein hat das leicht übersehbare Jubiläum zum Anlass genommen, einige Zeitzeugenberichte auszugraben. „Anfangs standen viele Veldener der Eisenbahn skeptisch gegenüber. Später kurbelte sie den Fremdenverkehr an, um dann dabei von der Autobahn abgelöst zu werden. Inzwischen wurde der Bahnhof modernisiert und der Zugverkehr gewinnt bei den Menschen wieder an Bedeutung“, so Kleewein, der Beiratsmitglied im Geschichtsverein für Kärnten ist.

Der Veldener Bahnhof um 1900. Detail aus einem Gemälde von Carl Haas. © Veldener Gemeindearchiv
Der Veldener Bahnhof um 1900. Detail aus einem Gemälde von Carl Haas. © Veldener Gemeindearchiv

1864 war man laut Kleewein von Villach nach Velden 44 Minuten unterwegs und von Klagenfurt nach Velden 48 Minuten. Am Vormittag verkehrte der Zug von Villach nach Klagenfurt und am Nachmittag fuhr er die Strecke wieder zurück. Dazwischen angefahren wurden die Stationen Krumpendorf, Maria Wörth (so hieß damals die Station Pörtschach) und Velden. Mit dem Pferdefuhrwerk war man bisher um einiges langsamer unterwegs gewesen, rund acht Stunden dauerte es damit von Klagenfurt nach Villach. „Velden war Haltestelle für die Pferdefuhrwerke und ab 1853 legte hier auch die von Klagenfurt kommende Dampffregatte ‚Maria Wörth‘ an“, erzählt Kleewein.

Mit der Eisenbahn startete jedenfalls die Erschließung des nördlichen Wörtherseeraums, der bis dahin eine rein bäuerliche Region war. „Heute kaum vorstellbar, aber dem Wörthersee wurde bis zu diesem Zeitpunkt kein großer Wert beigemessen“, so der Historiker. Einer der Ersten, die in Velden die Vorteile der Eisenbahnstation erkannten, war Franz „Spezi“ Moro. Er erwarb 1865 die von den Eisenbahningenieuren errichtete Badehütte und bot sie Gästen an. „Diese Hütte war der Vorläufer des heutigen Gemeindebades“, berichtet Kleewein. Andere Veldener sahen in der  Eisenbahn hingegen ein Verhängnis. Ein Feuilletonbeitrag in der Klagenfurter Zeitung von 1873 blickte in die Voreisenbahnzeit zurück. Verfasser Anton von Rauschenfels erinnerte sich, dass viele befürchteten, Waren und Passagiere – diese einen gleichgültigen Blick herabwerfend – würden an Velden vorübersausen. Man soll sich auch gesorgt haben, dass die Stallungen leer stehen und die Trinkstuben veröden würden. Vom „Spezi“ soll man gesagt haben, dass er ganz melancholisch werde und sich auf die Lektüre unchristlicher Journale verlege. „Doch dann baute Moro sein Bad, Velden wurde kurfähig und ab sofort schaute man mit Verachtung auf die entschwommene Ära der Stell- und Frachtwägen zurück“, sagt Kleewein.

Dienstmänner warten am Bahnhof Velden auf ankommende Gäste. © Veldener Gemeindearchiv
Dienstmänner warten am Bahnhof Velden auf ankommende Gäste. © Veldener Gemeindearchiv

Ein paar bekannte Personen fuhren tatsächlich nur durch, ohne Velden zu besuchen. Das war Kaiser Franz Joseph am 11. September 1882 und am 20. September 1899. Wie Hermann Göring am 30. März 1938 und Adolf Hitler am 5. April 1938 in ihren geschmückten Sonderzügen durch Velden fuhren, schilderte der damalige Gendarmerie-Postenkommandant Balthasar Schmölzer in seinem Tagebuch. Hitler trat demnach an das Wagenfenster, um die Menschen zu grüßen. Schmölzer sah die Menschen voll Freude und mit Tränen gefüllten Augen. Für Unannehmlichkeiten sorgte unterdessen die Zollrevision an den ehemaligen österreichisch-deutschen Grenzbahnhöfen. Der Postenkommandant schrieb, dass einige Veldengäste mit dem, was sie anhatten, den ganzen Urlaub verbringen mussten, weil sie nicht zu ihrem Gepäck kamen.

Es folgten Schrecken und Leid des Zweiten Weltkrieges, die auch den Bahnhof Velden erreichten. Besonders tragisch fiel ein Luftangriff am Ostermontag 1945 aus. Ein gerade in Velden stehender Lazarettzug wurde getroffen. Dabei war die Krankenschwester Albine Kaufmann anwesend. „Schwester Albine“ spricht in ihren Erinnerungen von etwa 30 Toten, wie Kleewein recherchierte.

Bundespräsident Adolf Schärf besucht Velden 1964 anlässlich 100 Jahre Südbahn. © Veldener Gemeindearchiv
Bundespräsident Adolf Schärf besucht Velden 1964 anlässlich 100 Jahre Südbahn. © Veldener Gemeindearchiv

Nach dem Krieg folgte die Erweiterung des Veldener Bahnhofes. 1955 kamen der zweite Bahnsteig und die Unterführung dazu. Von Pörtschach nach Velden konnte man ab sofort zweigleisig fahren. Im Zuge dessen wurde die Strecke Klagenfurt–Villach elektrifiziert. „Es war auch die Zeit, als Taxis die Dienstmänner ablösten und nunmehr das Gepäck der Gäste in die Hotels und Pensionen brachten“, so der Historiker. 1964 wurde das 100-Jahr-Jubiläum der Südbahnstrecke gefeiert, wozu sogar Bundespräsident Adolf Schärf nach Velden kam. Am 12. September 1966 wurde mit König Olav V. von Norwegen abermals ein prominenter Gast empfangen. Schon ab 30. Juli 1970 begann die Bahnlinie aber an Bedeutung zu verlieren. „Da wurde die Südautobahn eröffnet und immer mehr Menschen kamen mit dem Auto statt mit dem Zug nach Velden“, erzählt Kleewein.

König Olav V. von Norwegen wird am 12. September 1966 in Velden empfangen. Links neben ihm steht Landeshauptmann Hans Sima. © Veldener Gemeindearchiv
König Olav V. von Norwegen wird am 12. September 1966 in Velden empfangen. Links neben ihm steht Landeshauptmann Hans Sima. © Veldener Gemeindearchiv

Anfang 1990 trat dann mit Johann Tarmann aus Ledenitzen der letzte Bahnhofsvorstand von Velden seinen Dienst an. „Später musste er die Bahnhöfe Pörtschach und Krumpendorf mitübernehmen und avancierte zum Bereichsvorstand“, erfuhr Kleewein. Mit 15. April 1997 hatte dann auch Velden keinen Bahnhofsvorstand mehr. Inzwischen war auch die einst beliebte „Bahnhofsreste“ geschlossen worden. Der Wiederaufschwung des Bahnhofes Velden setzte 2017 ein: Am 7. Dezember wurde durch die ÖBB der sanierte und barrierefrei umgebaute Bahnhof seiner Bestimmung übergeben. „Und in den einstigen Betriebsstätten entstand der ‚Kunstbahnhof Velden‘, der am 25. September 2018 mit einer Ausstellung feierlich eröffnet wurde“, erinnert sich Kleewein.

Informationen zum Geschichtsverein für Kärnten: https://geschichtsverein.ktn.gv.at/

Redaktion: Markus Böhm, Pressereferent und Mitglied im Beirat des Geschichtsvereines

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